Stefan Kröger, Course Manager BWL Siemens AG at Siemensstadt

Als ältestes von sechs Geschwistern beschäftigt sich Stefan Kröger schon früh mit der Aus- und Weiterbildung von jungen Menschen. Diese Neigung hat er zum Beruf gemacht. Heute ist er verantwortlich für die Studiengangsleitung BWL bei Siemens. Das Zentrum seines Wirkens: die Siemensstadt. Hier lebt und arbeitet er – und ist immer auf der Suche nach neuen Talenten.

Herr Kröger, haben Sie in Ihrem Berufsalltag viel mit Talenten zu tun?

Stefan Kröger:
Das was ich zu betreuen habe, ist das Berufsbild der Industriekauffrau beziehungsweise des Industriekaufmanns. Das ist sehr vielfältig. Da gehst du durch die Personalabteilung, durch den Einkauf, durch die Fertigung. Und das sind ja auch schon ganz viele verschiedene Neigungen und Talente, die man da mitbringen muss.

Würden Sie sagen, die Siemensstadt ist ein Ort, der Talente besonders anzieht?

Stefan Kröger:
Ich finde, Siemensstadt ist durchaus ein Kiez der Talente. Jedenfalls aus meiner eigenen Erfahrung. Unter unseren Nachbarn gibt es den 87-jährigen Doktor Hahndorf, der ist Doktor der Physik. Er hält mehrere Patente in Sachen Oberflächenbeschichtung. Viele meiner Kollegen sind Patent-Inhaber und entwickeln und forschen und sind innovativ. Im privaten Bereich bekomme ich das mit. Das ist so klassisch, man schaut auf die Talente, die eine Schule hervorgebracht hat. Da ist der Adel Tawil zu nennen, der aus unserer Grundschule kommt. Teilweise auch in seinen Liedern den Kiez besingt, beziehungsweise jedenfalls anleihen daraus nimmt. Das geht dann bis in den sportlichen Bereich. Bei meiner Tochter geht der deutsche Meister in Squash in die Klasse. Das ist sehr lückenhaft, aber sicherlich kann man sowas mal erwähnen ...

Jetzt wird die Siemensstadt in Teilen zur Siemensstadt2 ausgebaut: Hat das Auswirkungen auf die Talente von morgen?

Stefan Kröger:
Ich finde diese Erweiterung des Siemens-Campus-Gedanken grandios. Weil wir damit auch selbst unseren Horizont erweitern. Ganz egoistisch gesprochen, als Ausbildungspersonal kriegen wir dann auch die wissenschaftliche Komponente mit. Das finde ich super. Und andererseits können wir natürlich auch unseren Auszubildenden und den Studierenden den Horizont erweitern. Das ist dann sehr einfach, über den Tellerrand zu schauen. Und die Uni hat ja auch einen Vorteil, denn endlich hat sie mal einen praktischen Case. Sie kann hier auf dem Gelände einfach barrierefrei in die Fertigung marschieren und kann sich da Cases abholen, im übertragenen Sinne. Das finde ich super.

Was müsste Ihrer Meinung nach geschehen, um die Talententwicklung hier voranzutreiben?

Stefan Kröger:
Also wenn ich mir nach meiner langjährigen Berufserfahrung ein Sahnetüpfelchen wünschen dürfte, dann wäre es, dass wir unsere Ausbildungsstädte öffnen als „House of Education“. Wo alle Partner, die auf dem Gelände sind oder sein werden, sich mitbeteiligen. Jeder Beteiligte kann einen Beitrag dazu leisten – ob Universität, Firma, Siemens selbst oder Forschungsinstitute. Und das ist ganz vielschichtig. Es geht nicht nur um die Ausbildung von Studierenden und Azubis, sondern es geht auch um Weiterbildung. Das fände ich großartig, wenn wir auf diese Art und Weise voneinander lernen könnten.

Um die Talente hier in Siemensstadt noch enger zusammenzubringen?

Stefan Kröger:
Diese Zentralisierung von Aus- und Weiterbildung macht Sinn. Bislang sind ganz viele Talente hier dezentral unterwegs, und das ist schade. Dann wissen wir zwar, gegenüber im Start-up-Incubator passiert was, hier bei „Siemens Professionell Education“ passiert etwas, hier im Verwaltungsgebäude passiert etwas. Ich finde das schade, dass dann so viel Potenzial verpufft. Überall sitzen Talente und ich fände es cool, wenn wir in unserem Sinne – also Siemens-Campus rund um Produktion – so einen Bildungs-Nucleus hätten.

Momentan wird die Digitalisierung durch die Corona-Krise vorangetrieben, die Siemensstadt soll ein digitalisierter Stadtteil werden. Wird sich das auf die Aus- und Weiterbildung der Zukunft auswirken?

Stefan Kröger:
Ich bin fest davon überzeugt, dass sich die Zeit was Ausbildung angeht – jedenfalls hier bei Siemens – auf die Zukunft auswirken wird. In zweierlei Hinsicht: Das eine ist die Methode selbst, denn die eröffnet Freiräume. Da können sich Auszubildende wann, wo und wie sie wollen Inhalte selbst aneignen. Zweitens können wir über andere Formen von Ausbildung nachdenken. Jetzt sind wir dabei, den Kaufmann für Digitalisierungsmanagement aufzusetzen. Der ist tatsächlich entstanden, weil wir uns mit unseren Kunden – das sind die Siemens-Einheiten – gesprochen haben, weil die kaufmännischen Betätigungsfelder sehr stark digitalisiert werden. Da haben wir nochmal ein neues Berufsbild aufgesetzt. Das gut nachgefragt ist, und wo wir jetzt daran arbeiten, das mit Inhalten zu füllen. Das ist die Zukunft für mich.